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2010
Dekoloniale Erinnerungspolitik

Am 27. Februar 2010 wird das Gröbenufer an der Berliner Oberbaumbrücke in Kreuzberg feierlich in May-Ayim-Ufer umbenannt. Dies ist eines von vielen Ergebnissen jahrelanger Arbeit von zivilgesellschaftlichen Initiativen und Gruppen zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit.

Die bedeutende afrodeutsche Dichterin und Pädagogin May Ayim (1960-1996) setzte sich in ihrem politischen und wissenschaftlichen Wirken kritisch mit Kolonialismus und Rassismus auseinander. Sie war Gründungsmitglied der „Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland“ (ISD) und problematisierte in ihren Büchern und Texten die koloniale Vergangenheit Deutschlands und ihre allgegenwärtigen fortdauernden Auswirkungen in Form von strukturellem und alltäglichem Rassismus (siehe, ADEFRA und ISD). Ihr zu Ehren wird am 27. Februar 2010 das Gröbenufer an der Oberbaumbrücke in Berlin Kreuzberg in das May-Ayim-Ufer umbenannt, wofür sich besonders der Verein Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER) eingesetzt hatte. Zuvor war das Ufer nach Otto Friedrich von der Gröben (1657–1728) benannt, der aktiv am transatlantischen Versklavungshandel beteiligt war und 1683 die Kolonie Groß-Friedrichsburg im heutigen Ghana gegründet hatte. In der NS-Zeit war Gröben durch seine Taten zum Kolonialhelden stilisiert wurden. Für die Umbenennung hatten zahlreiche Vereine und Personen der Schwarzen Diaspora der afrodeutschen Emanzipationsbewegung und der Antirassismusarbeit mehrere Jahre gekämpft. Dieser Kampf ist kein Einzelfall: In ganz Deutschland engagieren sich viele Menschen, um auf die Verwicklung und Verantwortung Deutschlands im europäischen Kolonialismus aufmerksam zu machen. Solche Kämpfe sind mühsam und dauern oft viele Jahre an, weil Deutschland sich nach wie vor schwer tut zur eigenen kolonialen Vergangenheit zu stehen und die Einschätzungen der Schwarzen Community und deren Unterstützer*innen häufig nicht ernst genommen werden. So setzt sich etwa die Schwarze Community in Berlin schon länger dafür ein, dass die „Möhrenstraße“ sowie der gleichnamige U-Bahnhof in Berlin-Mitte in „Nelson-Mandela-Straße“ umbenannt werden. Der Verein Berlin Postkolonial bietet Führungen durch das sogenannte „Afrikanische Viertel“ in Berlin-Wedding an, deren Straßennamen nach deutschen Kolonialherrschern und -Gebieten benannt sind. Die Initiative „No Humboldt 21“ setzt sich gegen das Projekt „Humboldt Forum“ des Landes Berlin ein, bei dem für mehr als 500 Mio. Euro ein „Jahrhundertbau“ im Zentrum Berlins entstehen soll, der „kulturelle Sammlungen“ beherbergt, von denen viele als koloniale Raubschätze gelten.
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Umbenennungsfest 2015 in der Berliner M-Straße
Am 23.08.2015 findet zum zweiten Mal das Umbenennungsfest statt, um gegen den rassistischen Namen der Berliner M-Straße zu demonstrieren.
Germany
Sources
  1. Christian Kopp. „Mission Moriaen“ – Otto Friedrich von der Gröben und Brandenburg-Preußens Handel mit Versklavten. Berlin Postkolonial.
  2. Chantal-Fleur Sandjon. der raum zwischen gestern und heute: May Ayim (3. Mai 1960 – 9. August 1996). Berlin Postkolonial.
  3. Joshua Kwesi Aikins. Die alltägliche Gegenwart der kolonialen Vergangenheit.  Bundeszentrale für politische Bildung).  July 30, 2004.
  4. Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag (BER) . Antikolonialismus und -rassismus.  BER-e.V.).  August 26, 2015.
  5. No Humboldt 21- Moratorium für das Humboldt-Forum im Berliner Schloss.
  6. Armin Massing. Antikoloniale Straßenumbenennungen: Kampf um Deutungshoheit.  BER-e.V.). 2010.
Additional Resources
  1. Freedom Roads – Postkoloniale Erinnerungskultur. Freedom Roads
  2. Blues in Schwarz Weiß: Gedichte. Auflage 3. Auflage. Berlin: Orlanda Frauenverlag, 1995. 
  3. Grenzenlos und unverschämt. Berlin: Orlanda Frauenverlag, 1997. 
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